Gewaltfreie Entscheidungsfindung

 

Wenn Menschen zusammen leben oder arbeiten, ist es notwendig immer wieder auch Entscheidungen zu treffen. Auch in unserer Gesellschaft entscheidet in den allermeisten Bereichen entweder einer (Chef/in, Besitzer/in, ...), oder die Mehrheit, was gemacht wird. Letzteres wird demokratisch genannt, als ob es die einzige Möglichkeit sei, gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

   Auch bei Mehrheitsentscheidungen gibt es in der Regel Menschen, für die die jeweilige Entscheidung nicht passt. Das Mehrheitsprinzip behindert die Achtung der Interessen der Minderheiten geradezu, denn es erfordert Entweder-Oder-Formulierungen und genau dadurch führt es zu Polarisierung. Dadurch wird die Integration der Interessen und Bedürfnisse der Minderheiten oft sogar verhindert. So könne die Minderheiten die Entscheidungen nicht mittragen, oder müssen sie sogar bekämpfen, um für ihre Interessen und Bedürfnisse einzustehen. Die Nachrichten sind voll von entsprechenden Beispielen.

 

   Dies ist übrigens wohl der wichtigste Grund dafür, dass "Demokratisierungsprozesse" oft abgelehnt werden. Sie entmachten die bisher Mächtigen (oder lassen es befürchten) und viele der bisher "Entmächtigten" haben kein Vertrauen, dass bei den Mehrheitsentscheidungen ihre Interessen und Bedürfnisse besser geachtet werden -- und sie können dies auch nicht erleben, weil das Mehrheitsprinzip das nicht leisten kann.

   Der Konsens als Entscheidungsprinzip ist der Versuch, diese Nachteile zu vermeiden, führt aber in der Praxis zu ermüdenden Prozessen oder gar zur Stagnation und wird deshalb wenig genutzt. Der UN-Sicherheitsrat ist wohl das bekannteste Beispiel in der Politik dafür.

   Viele Menschen glauben nicht, dass Entscheidungsprozesse gibt, die zu Lösungen führen, die für alle passen -- aber stimmt das denn? Gibt es wirklich keine Entscheidungsprozesse, die dazu führen, dass jede/r den Eindruck hat, dass die eigenen Interessen und Bedürfnisse von allen anderen geachtet werden? Nur wenn alle Beteiligten das Vertrauen haben, dass die eigenen Interressen und Bedürfnisse von den anderen geachtet werden, ist die Lösung gewaltfrei.

   Derartige gewaltfreie Entscheidungsprozesse gibt es und sie nähren das Vertrauen auch bei denen, die sich jeweils vielleicht eine andere Lösung gewünscht hätten. Als philosophische Grundlage gewaltfreier Entscheidungsprozesse sehe ich insbesondere die Dirskursethik von Jürgen Habermas udn Kalr-Otto Apel an. Die Entscheidungen werden hier nach folgendem Prinzip in einem Diskurs gefunden:
Entscheidungen sind nur dann gültig, wenn sie die Zustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen und herrschaftsfreien Diskurses finden (oder finden könnten).

   Die Soziokratie und die Holacracy bieten praktische Anwendungen für dieses Diskursprinzip. Hier gibt es allerdings nur eine Schwelle der Zustimmung, egal wie schwerwiegend oder unbedeutend die Entscheidung ist. Miki Kashtan hat einen Entscheidungsprozess entwickelt, der die Prinzipien der GFK nutzt: Convergent Facilitation.

 

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