Vipassana und GFK - passt das? Ein Erfahrungsbericht...

 

Meine Erfahrungen auf einem 10-Tage-Vipassana Retreat
(siehe: dhamma.org)

 

 

Warum Vipassana?

Ich hatte mich für ein 10-tägiges Vipassana-Retreat angemeldet, weil ich den Eindruck hatte, ich bräuchte einen Ausgleich. Seit 12 Jahren übe ich mich mithilfe der GFK in meinem Alltag in mitfühlendem Verstehen, d.h. ich "trainiere" Empathie. Seit langem habe ich das Gefühl, ich bräuchte auch etwas "Training" darin, meinen Fokus zu halten und meine Entschlossenheit zu steigern, um Einseitigekeiten, die mir aufgefallen waren, auszugleichen. Vor allem durch Ken Wilber ist mir schon lange einiges dazu klar geworden. Er meint:
Eros, die "maskuline Energie" ("Begeisterte Liebe", "nach Höherem streben", klar, zielgerichtet, entschlossen, Fokus, verstehen...) ohne Agape, die "feminine Energie" ("Barmherzige Liebe", "das niedere Umarmen", integrieren, umarmen, mitfühlen...) führt zu Phobos (Angst - insbesondere vor den Schatten und den Gefühlen, allgemein dem "Niederen"/"Grundlegenderem"...) und
Agape ohne Eros führt zu Thanatos (Stagnation, Lähmung, ...) (Quelle siehe mein Blog: https://www.gfk-lebensfreude.de/2011/05/20/zwei-s%C3%A4ulen-in-der-pers%C3%B6nlichkeitsentwicklung-eros-weisheit-und-agape-mitgef%C3%BChl/ )

Bei mir war in meinem Leben lange letzteres vorherrschend: Stagnation wegen relativ unterentwickeltem "Eros" - und ich sehe immer noch Reste davon und hatte die Hoffnung, Meditation sei eine gute Trainingsmethode, die "maskuline Energie" zu entwickeln und die "Stagnation" weiter aufzulösen...

Vipassana hatte ich eher zufällig gewählt - ich bin über www.dhamma.org gestolpert und die Rahmenbedingungen, sowie der Geist dahinter haben mich angesprochen. Ich hatte vor über 10 Jahren einmal ein Zen-Retreat gemacht und das hat mich nicht so begeistert - zu "nüchtern" - hat mich nicht angesprocchen. Vipassana versprach etwas anderes, allerdings dachte ich, es sei auch eher "kognitiv" - und da hatte ich mich getäuscht: zwar sehe ich Vipassana immer noch als eine Methode, die "maskuline Energie" zu trainieren, aber es ist noch viel mehr als das: insbesondere zu entdecken, wie sehr Vipassana im Einklang insbesodnere mit der GFK-Transformationspraxis steht, war für mich überraschend!

 

Meine Erfahrungen:

Der Zeitplan versprach intensive 10 Tage: 4 Uhr Wecken und 21:30 Uhr Licht aus (Tagesplan s.u.) - und dazwischen 10 Stunden Möglichkeiten zum Meditieren. Allerdings wußte ich, dass ich das nicht können werde, ohne mich zu überfordern (und damit die Lust am Weitermachen nach dem Retreat zu verlieren). Da ich davon ausgehen konnte, dass ich nicht der "einzige Idiot" bin, dem das zuviel wäre, beschloss ich, zu vertrauen, dass ich so viel machen können werde, wie für mich passt. Das hat sich bewährt: Letztendlich habe ich tatsächlich 3 1/2 bis 4 Stunden täglich intensiv meditiert und die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, waren sehr wertvoll für mich. Sie haben mich erstaunt und begeistert.

Das Retreat war zwar herausfordernd und immer wieder auch schmerzhaft und ich hatte danach auch ein paar Tage Muskelkater in den Beinen, aber ich habe mihc nicht überfordert und bin motiviert, auch im Alltag weiterzumeditieren.

 

Meine Erfahrungen:

Meine erste "Ent-Täuschung" war es, herauszufinden, dass Vipassana eben gerade keine rein kognitive Meditation ist. Da bei Vipassana das achtsame und gleichmütige Üben des Spürens der Körperempfindungen im Zentrum steht, ist diese Meditationsform, anders als ich das z.B. vom Zen her kenne, zumindest auch ein Trainingsmethode die die Verbindung zum Körper verbessert. Dieses Üben im Spüren hatte zur Folge, dass ich schon am 5.Tag ein deutlich verändertes Körpererleben hatte: ich hab mich in meinem Körper spürbar leichter und lebendiger erlebt...
Vor allem aber: ich habe in diesem Retreat immer wieder erfahren dürfen, dass körperlicher Schmerz nicht weh tun muss! Diese Erfahrung hat mich sehr erstaunt, obwohl ich sie bei emotionalem Schmerz schon gemacht hatte und auch aus theoretischen Überlegungen davon überzeugt war, dass auch körperlicher Schmerz nur durch unseren Widerstand unangenehm wird. Mir war natürlich klar, dass wir den Widerstand nicht so einfach loslassen können, aber wie mir Vipassana gezeigt hat, ist es mit Übung möglich, ihn aufzulösen.

Bei meinem emotionalen Schmerz hatte ich in den letzten 10 Jahren insbesondere durch die GFK-Transformationspraxis von Robert Gonzales immer wieder selbst erleben dürfen, wie mein Widerstand gegen diesen emotionalen Schmerz im Grunde das eigentlich Unangenehme war - und zu erleben (und nicht nur zu glauben), dass das auch für körperlichen Schmerz gilt, war für mich eine wertvolle Bereicherung! Deshalb sehe ich das Praktizieren der Vipassana-Meditation inzwischen als eine hervorragende Ergänzung zur jeder GFK-Transformationspraxis oder allgemein für jede "Schattenarbeit" an.

 

Meine Interpretation dieser Erfahrungen:

So wie ich es verstehe, besteht folgender Zusammenhang zwischen Vipassana und einer GFK-Transformationspraxis wie die von Robert Gonzales und Susan Skye: Eine GFK-Transformationspraxis hat zum Ziel, die Überzeugungen, Glaubenssätze und Interpretationen weicher zu machen und schließlich aufzulösen, die dazu führen, dass ein Auslöser in unserem Körper Empfindungen auslöst - und Vipassana hat zum Ziel unsere Reaktionen auf eben diese Empfindungen weicher zu machen und schließlich aufzulösen. Beides reduziert also unsere Reaktivität und stärkt damit unsere Fähigkeit, rücksichtsvoll uns selbst und anderen gegenüber zu sein. Beides stärkt also unsere Fähigkeit, gewaltfreier zu sein, also unsere Fähigkeit "alle Bedürfnisse jederzeit zu achten".

Vipassana kultiviert diese Fähigkeit zu Rücksichtnahme durch das Üben von Gleichmut (S.N. Goenka) oder gar von "freundlichem Interesse" (Renate Seifrath) unseren Empfindungen gegenüber. Und eine GFK-Transformationspraxis kultiviert die Fähigkeit zur Rücksichtnahme durch das Üben von mitfühlendem Verstehen, das die Interpretationen und die damit zusammenhängenden unangenehmen Gefühle in der Trauer der Sehnsucht auflöst und uns wieder mit der Lebensenergie verbindet...

Für mich ist die Entdeckung von Vipassana inzwischen genauso wertvoll, wie die Entdeckung der GFK-Transformationspraxis von Robert Gonzales - und das heißt viel!

 

Ich hoffe es ist etwas rübergekommen von dem was ich erlebt habe. Wer weiter interessiert ist, kann sich auch in meinem "Tagebuch" des Retreats lesen - es befindet sich hier gleich anschließend :-)

Viele herzliche Grüße
Volkmar

 

Tagebucheinträge meines ersten 10-tägigen Vipassana-Retreats

 

Der Tagesablauf während des Retreats sieht wie folgt aus:

 

4:00 Uhr Gong zum Wecken

4:30-6:30 Uhr: Möglichkeit, selbständig zu meditieren

4:30-6:30 Uhr Möglichkeit, selbständig zu meditieren

6:30-7:00 Uhr Frühstück für „new students“ (die anderen um 7:00 Uhr)

8:00-9:00 Uhr Gemeinsame Meditation in der Halle

9:10-9:40 Uhr Kurzvortrag mit gemeinsamer Meditation und danach
kurze Befragung von ¼ der Teilnehmer/innen nach ihren Fortschritten

Bis 11:00 Möglichkeit, selbständig zu meditieren

11:00-11:30 Uhr Mittagessen für „new students“ (die anderen um 11:30 Uhr)

13:00-14:30 Uhr: Möglichkeit, selbständig zu meditieren

13:30-14:30 Uhr Möglichkeit, selbständig zu meditieren

14:30-15:00 Uhr Gemeinsame Meditation in der Halle (am 4. Tag beginn schon um 14:00 Uhr)

15:10-15:30 Uhr Kurzvortrag mit gemeinsamer Meditation und danach
kurze Befragung von ca. ¼ der Teilnehmer/innen nach ihren Schwierigkeiten
(am 4. Tag Beginn um 14:40: Einweisung in Vipassana)

15:30-17:00 Uhr Möglichkeit, selbständig zu meditieren

17:00-17:30 Uhr Abendessen (kein Essen, nur Tee, Saft und Obst)

18:00-19:00 Uhr Gemeinsame Meditation in der Halle

19:15-20:15 Uhr Vortrag mit Einweisungen

20:30-21:00 Uhr Abschlussmeditation

21:30 Uhr Licht aus

 

Insgesamt bedeutet das: mindestens 3,5 Stunden täglich gemeinsam meditieren und ca. 1 Stunde gemeinsam Vorträge von Goenka hören. Wer will kann zusätzlich 6 Stunden meditieren...

 

 

Heute ist der 3. Tag, es ist 10:00 Uhr und ich beginne mein Tagebuch...

 

Rückblick:

 

Ankunft am Abend nach 10 Stunden Bahn und Bus… Zu Fuß in einsamer, verschneiter Landschaft einen Kilometer hinauf auf den Hügel zum Zentrum… Anmeldung: versehentlich bei den Frauen gelandet – die Geschlechter sind schon getrennt… Anmeldeformular… dieselben Fragen wie bei der Online-Anmeldung – ich fülle nicht alle aus – zu müde und mir fehlt das Verständnis für die doppelte Arbeit… Abendessen – Linsensuppe – sehr lecker… ab jetzt heißt es schweigen… das vereinfacht vieles – es reduziert die Möglichkeiten, zu vergleichen… das Schweigen reduziert auch die Möglichkeiten sich zu triggern und damit auch für Konflikte… es reduziert diese Möglichkeiten, eliminiert sie aber nicht...

 

Auf dem Zimmer – überraschend und wohl zum ersten Mal in meinen „Seminarjahren“: ein Einzelzimmer – ich genieße es und bin sehr dankbar – insbesondere weil es mir die Möglichkeit lässt, einen Freund in Not und auch meine Tochter bei Ihrer Bewerbung zu unterstützen…

 

Um 20:00 Uhr Treffen in der Meditationshalle… jede/r bekommt eine feste Meditationsmatte – ich bin auf „D6“… alles scheint bis ins Kleinste organisiert – das gibt Halt und hilft zu Vertrauen…

 

Wir hören Goenka – als Aufzeichung… wir werden vertraut mit seiner sehr indischen Art, Englisch zu reden… Englisch zu singen… sein „staaarrt-ageeeen… staaarrt-ageeeen…“ wird mir wohl immer in angenehmer Erinnerung bleiben…

 

Am Tag 1 weckt mich der erste Gong um 4 Uhr – ich wache auf, bleibe aber liegen – die letzten Tage schon zu wenig Schlaf gehabt… der zweite Gong um 4:30 bedeutet meditieren auf dem Zimmer – ich ruhe ohne zu schlafen… um 6:00 Uhr stehe ich auf… der dritte Gong um 6:30: Frühstück für die „neuen“ Schüler… der vierte Gong um 7:00 Uhr ruft die „alten“ Schüler zum Frühstück…

 

Ich spüre viel Dankbarkeit dafür, hier sein zu dürfen – die Ruhe – die Unterkunft direkt am verschneiten Wald – der blaue Himmel und die Sonne…

 

Um 8:00 Uhr der fünfte Gong: bis 9:00 Uhr gemeinsame Meditation in der Halle… ich versuche meinen Körper nicht mit dem ungewohnten Sitzen zu überfordern… spüre Impulse der Geringschätzung für Mitschüler, die drei oder vier Polster unter jedes Bein legen oder eine Rückenstütze haben – oder gar auf dem Stuhl sitzen… Frage mich was diese Impulse bedeuten… ich merke, dass sich meine Sehnsucht nach Leichtigkeit darin ausdrückt – mit dem Gegenimpuls: ich würde so gerne entspannt Sitzen können – ohne Schmerz… in der Vergangenheit hab ich schon kurze Zeiten erlebt, in denen es mir gelang im Halbyoga zu sitzen: es war sehr angenehm und leicht...

 

„teeig-ressssd… teeig-ressssd…“ hören wir Goenka durch die Lautsprecher: „ruh Dich aus… ruh dich aus…“ – es klingt tröstlich nach einer Stunde Sitzen…

 

Um 11:00 Uhr der Gong zum Mittagessen… das Essen ist sehr schmackhaft… ich lerne Hefeflocken, eingeweichte rote Linsen und eingeweichte Mungbohnen zu schätzen…

 

Am Tag 2: ich verwechsle die Zeiten und bin erst um 8:15 Uhr in der Meditationshalle – also meditiere ich alleine in der kleinen Halle… Ich hätte mich doch ohne Uhr orientieren sollen – ist einfacher, der Gong genügt… alleine zu meditieren fällt mir nicht so leicht, wie gemeinsam…

 

Den Abendvortrag um 19:00 Uhr finde ich sehr interessant: Goenka‘s Interpretation des Achtfachen Pfades mit ethischem Verhalten (Sīla), Vertiefung (Samāmadhi) und Weisheit“ (Pannā)

 

Heute, am Tag 3, bin ich um 4:00 Uhr aufgestanden und hab geduscht… etwas gearbeitet… um 5:30 Uhr wieder hingelegt und meditiert … beim Frühstücksgong um 6:30 liegengeblieben und eingeschlafen… 6:50 Uhr aufgewacht und zum Frühstück gegangen… Orientierungsschwierigkeiten: dachte um 7:00 Uhr sei das Frühstück zu Ende, aber da kommen doch erst die „alten“ Schüler…

 

Um 8:00 Uhr der Gong zur gemeinsamen Meditation in der Halle – eine Stunde gemeinsame Meditation, dann Pause und nochmals zusammenkommen – dann wird es den meisten freigestellt, für die restlichen 1,5 Stunden bis zur Mittagspause in der Halle zu bleiben und gemeinsam zu meditieren, oder auf dem Zimmer zu meditieren… ich gehe auf mein Zimmer – will vor allem meine Beine schonen…

 

Um 11:00 Uhr der Gong und ich geh zum Mittagessen… die eingeweichten roten Linsen und die Mungbohnen sprießen inzwischen (war wohl dem Retreatstart geschuldet, dass sie gestern „ungesprossen“ serviert wurden ;-)…

 

Um 13:00 Uhr wieder ein Gong: wir sollen selbständig meditieren – ich mach da noch nicht mit, weil das Sitzen für meine Beine noch zu schmerzhaft ist…

 

Um 14:30 Uhr der Gong zur gemeinsamen Meditation in der Halle (eine Stunde)… eigentlich ist das die beste Gelegenheit, meine Erfahrung mit Widerstandslosigkeit gegenüber Schmerz auch auf den Schmerz in meinen Beinen anzuwenden… mein Rücken tat am ersten Tag auch weh/war verspannt – inzwischen geht es ihm ganz gut – vermute ich war rücksichtsvoll genug, so dass er sich nicht mehr zu wehren braucht ;-)… mit meinen Beinen ist das noch schwierig: es gibt eine Schmerzschwelle, ab der ich mich verspanne – und dann wird es wirklich unangenehm… bis zu dieser Schwelle ist es eine Gratwanderung zwischen ignorieren und darin versinken…

 

Wie geht das: den Schmerz mitfühlende Annehmen und Halten? Ich merke, wenn ich es schaffe, den Fokus auf der Nase zu halten (die ist gerade unser Meditationsfokus), dann verschwindet der Schmerz auch oft wieder völlig… Der Schmerz kommt und geht – das ist gerade weniger als sonst „Theorie“, sondern erfahrbare Praxis… Ist es vor allem die Schwierigkeit, nicht zu ihm hingezogen zu werden, wenn der Schmerz kommt? Aber was ist das anderes, als ihn zu ignorieren, wenn ich meinen Fokus bei meiner Nase halte? Gibt es einen mitfühlenden Weg für mich? Wenn ich zu dem Schmerz hingehe, werde ich meisten hineingezogen… es ist wohl wie „mitleiden“, anstatt den Schmerz mitfühlend zu halten – aber wie geht das mitfühlende Halten? gibt‘s das überhaupt?

 

Bisher muss ich jedenfalls vier bis fünf Mal in einer Stunde die Position zu wechseln – möchte mich nicht quälen und so überfordern…

 

Jetzt ist der 3. Tag und es gongt zum Mittagessen (11:00 Uhr)…

 

Heute ist der 4. Tag – es ist 12:00 Uhr… bis 13:00 Uhr ist Pause, dann selbständiges Meditieren bis zum Beginn der gemeinsamen Meditation um 14:30 Uhr…

 

Gestern bei der gemeinsamen Meditation um 14:30 Uhr hatte ich zum ersten Mal richtig bequeme im Schneidersitz mit nur einem Kissen gesessen – meine Sehnen scheinen sich eingewöhnt und Vertrauen gefasst zu haben – vielleicht hab aber auch ich vertrauen gefasst und dadurch weniger Widerstand – jedenfalls spüre ich große Dankbarkeit, diese stabile Sitzposition erleben zu können… Es geht zwar noch nicht lange und dann kommen und gehen die Schmerzen wieder, aber ich schaffe die Stunde Meditation mit nur 2 Positionsänderungen…

 

Den Gong um 18:00 Uhr hatte ich dann irgendwie falsch zugeordnet… Um 18:01 fällt mir auf, dass ja gerade die gemeinsame Meditation in der Halle beginnt – ich schnell anziehen und gehe in dem Moment aus meinem Zimmer, als der Kursmentor bei mir klopfen will… naja, dadurch kann ich wenigstens bei den anderen meditieren (hätte ich mich wohl sonst nicht mehr getraut)…

 

Abendvortrag um 19 Uhr: Goenka erzählt über Video davon, dass es bei der Vipassana-Meditation darum geht, den Fokus auf den Körperempfindungen halten zu können und dass das mit dem „Atem in der Nase spüren“ und dann das mit dem „alle Empfindungen auf und unter der Nase spüren“ - und schließlich das mit dem „alle Empfindungen unterhalb der Nase spüren, da wo der Bart wächst“ nur Vorübungen dafür sind – WOW – ich bin überrascht!… es gibt tatsächlich Parallelen zur Transformationspraxis!…

 

Nach dem Abendvortrag kurze Pause und dann noch gemeinsames Meditieren bis 21:00 Uhr… um 21:30 Uhr bin ich schon im Bett…

 

Heute ist der 5. Tag – es ist 4:45 Uhr – ich bin erst 4:20 Uhr aufgestanden (der Gong ist um 4:00 Uhr)…

 

Gestern, am 4. Tag, hab ich einen Berg bestiegen! Jedenfalls hab ich mich so gefühlt! Das war wirklich Arbeit für mich: der Gong zum gemeinsamen Meditieren war nicht für 14:30, sondern schon eine halbe Stunde früher – Unklarheit – es war aber schließlich OK für mich…

 

„staaarrt-ageeeen… staaarrt-ageeeen…“ kommt es aus den Lautsprechern – eine Stunde meditieren – ich schaffe es wieder mit nur zwei Positionsänderungen… kurze Pause und dann die Einweisung ins Vipassana: ab jetzt geht es darum, den Fokus der Aufmerksamkeit über den Körper wandern zu lassen – die Reihenfolge ist egal, aber es soll eine Reihenfolge sein, damit kein Bereich vergessen wird: starte bei der Fontanelle – spüre über den Schädel – dann spüre Schritt für Schritt über das Gesicht – als nächstes spüre vom Nacken beginnend den hinteren Bereich des Körpers bis zum Gesäß – dann angefangen vom Kehlkopf über den vorderen Bereich des Körpers hinunter bis zum Unterleib – dann die rechte Schulter und langsam den Arm hinunter bis zu den Fingerspitzen – dann dasselbe beim linken Arm – schließlich der rechte Oberschenkel und das Bein langsam hinunter bis zu den Zehenspitzen – und das linke Bein genauso bis zu den Zehenspitzen… Und gleich wieder von vorne… Immer wieder auf diesem Weg über den Körper spüren…

 

Wenn in einem Bereich nichts gespürt wird, sollen wir eine Minute dort verweilen und dann weitergehen, egal ob wir etwas spüren – so soll die Empfindsamkeit geübt werden…

 

Die Einweisung dauert lange – wohl 45 Minuten – und dann sollen wir es schon anwenden: wir sollen 1 Stunde gemeinsam auf diese Art meditieren und zusätzlich den Entschluss fassen, unsere Position nicht zu verändern! Und das nachdem ich schon dachte, ich müsse mich gleich bewegen, weil meine Beine angefangen haben zu schmerzen! Und ich hab es geschafft! Es ist interessant: wenn die Beine weh tun und ich meine Aufmerksamkeit über sie wandern lasse und alles spüre, was ich eben spüre – auch das Angenehme, das ja auch in manchen Bereichen zu spüren ist, beruhigt sich der Schmerz meistens… wenn ich in einem anderen Bereich meines Körpers bin und der Schmerz in den Beinen schwillt grade wieder an, ist es anstrengend, die Aufmerksamkeit zu halten, oder besser: immer wieder dahin zurückzuholen, wo ich gerade bin… und dann komme ich zu der Stelle, wo der Schmerz im Bein ist und gehe weiter… ich glaube in einer Stunde mache ich das 20 Mal… es war sehr, sehr anstrengend – und schließlich kam das erlösende „teeig-ressssd… teeig-ressssd…“ Goenka's…

 

Meine Beine taten danach so weh, als hätte ich eine Halbmarathon hinter mir… und: ich habe es tatsächlich geschafft, nach schon anstrengenden 1,5 Stunden mit mehreren Positionswechsel, meine Sitzposition 1 Stunde lang nicht zu verändern! Ohne dass mein Geist mit dem über-den-Körper-Spüren etwas „zu tun“ gehabt hat, hätte ich das wohl nicht geschafft – der Schmerz hätte mich zermürbt…

 

Was auch interessant war: wenn die Beine sehr geschmerzt hatten und ich danach wieder zum höchsten Punkt meines Kopfes kam, war das wie ein „Auftauchen“… es war erleichternd und ich hätte gerne dort verweilt… das Angenehme vorziehen – immer wieder…

 

Jetzt ist es 5:30 Uhr… ich bin gespannt wie es meinen Beinen heute gehen wird… Ab jetzt sollen wir ja bei allen gemeinsamen Meditationen anstreben, uns die ganze Stunde nicht zu bewegen…

 

Jetzt ist es 10:30 Uhr – heute morgen bin ich um 6:30 Uhr zum Frühstück gegangen: Porridge mit warmem Rosinen-Pflaumenkompott, Haferflocken mit Sojamilch und etwas Sonnenblumen- und Sesamkernen, sowie Hefeflocken, schließlich noch zwei Brote mit Thamin und Marmelade und einen Nescafé mit Sojamilch – das ist im Moment mein Standardfrühstück – etwas zu viel ist es und ich hoffe, ich kann meinen Appetit hier noch zähmen ;-)…

 

Nach dem Frühstück hab ich noch eine halbe Stunde geschlafen und bin um 8:00 Uhr in der gemeinsamen Meditation gesessen: eine Stunde mit der Aufmerksamkeit über den Körper wandern… Es fällt mir schwerer mich im Halbyoga einzurichten – besonders an den Seiten der Hüften und zum Oberschenkel hinunter tut es weh – fühlt sich an wie Muskelkater…

 

Also eine Stunde meditieren ohne die Position zu verändern – ich nehme mir vor, 20 Mal mit meiner Aufmerksamkeit über den Körper zu wandern… Irgendwann beim siebten Mal fingen die Beine an einzuschlafen – und nach dem 10. Mal hab ich‘s nicht mehr ausgehalten: Beine aufstellen und das Blut zirkulieren lassen… Danach ging es recht gut weiter – nach dem 16. Mal fing Goenka wieder an zu chanten: das Zeichen, dass die Zeit zu Ende geht… Kurze Pause und wieder in der Meditationshalle zusammenkommen: Goenka gibt erneut die Einweisung, wie wir die Aufmerksamkeit über den Körper wandern lassen sollen… Annitsha… Annitsha… Denkt an die Vergänglichkeit aller Erscheinung… Ich frage mich wo das Mitgefühl Platz hat? Ich sehe schon die Gefahr mich in dem Schmerz zu verfangen und damit ins Leiden zu geraten – aber ist „Gleichmut“, „objektives Wahrnehmen“ das Beste? Verleitet es nicht auf der anderen Seite zur Verhärtung? Ich bin sehr gespannt auf meine Erfahrungen…

 

Nach der Einweisung Goenka's sollen die „neuen, männlichen Schüler“ dableiben – der Meditationslehrer fragt jeden einzelnen, was er beim „spürenden über den Körper Wandern“ für Empfindungen hat – ich sage: „meistens ein Vibrieren“… Er fragt auch, ob wir es schaffen, eine Stunde zu sitzen ohne die Position zu verändern – ich: „gestern schon – ich war überrascht, weil ich normalerweise 2-3 Mal die Position verändern muss; heute Morgen nicht, ich musste vorher einmal die Position verändern“ – er: „quälen Sie sich nicht, wenn es gar nicht anders geht: verändern Sie die Position!“… Wir meditieren noch 5 Minuten mit dem Meditationslehrer und können dann gehen… Ich meditiere noch 5 Minuten auf meinem Platz, gehe dann aber raus… Die Muskeln in meinem Oberschenkel schmerzen…

 

Es 10:45 Uhr am 5. Tag… Ich ruhe mich jetzt noch etwas aus vor dem Mittagessen um 11:30 Uhr…

 

… natürlich war das Mittagessen schon um 11:00 Uhr – ich hatte mich wieder mit den Zeiten vertan – aber der Gong ist unüberhörbar…

 

Es ist erstaunlich wie ich mich gerade in meinem Körper fühle – so leicht und entspannt… Es erinnert ein wenig an das Gefühl nach dem Rauchen von Gras… Sollte das jetzt schon eine Folge des Meditierens sein? Ich genieße es jedenfalls… heute ist der erste Tag ohne Sonne – und trotzdem genieße ich es so sehr hier zu sein und durch die verschneite Natur zu wandern… ein kleiner Wald liegt direkt vor meinem Zimmer und dort sind schmale Wege durch den Schnee geräumt – das lädt ein zum wandern… der Bereich in dem wir bleiben sollen ist zwar nicht groß, aber für mich groß genug, die verschneite Natur genießen zu können… ich fühle mich immer wieder sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, hier zu sein und dass es so etwas wie hier überhaupt gibt…

 

Wie wäre es, Vipassana mit der Gewaltfreien Kommunikation zu verbinden? Vipassana als Praxis für Gleichmut und Selbstdisziplin und die GFK als Praxis der mitfühlenden Kommunikation mit sich und anderen…

 

Ich hab mich für 12:00 Uhr eingetragen für ein Interview mit dem Meditationslehrer – los geht‘s…

 

Es ist 21:15 Uhr – die letzte Meditation ist gerade zuende gegangen – ab jetzt lautet die Meditationsanweisung: „from the top of your head to the tip of your toes – from the tip of your toes to the top of your head…“…

 

die 14:30 Uhr-Meditation hab ich durchgehalten ohne Positionswechsel – die 18:00 Uhr-Meditation nicht ganz: ich war so „schlau“ die Durchgänge beim Köperspüren vom Höchsten Punkt des Kopfes bis zu den Zehenspitzen zu zählen – am Nachmittag kam ich bis 17 – aber am Abend hab ich bei 22 aufgegeben – es wären wohl 25 geworden: ich muss schneller gewesen sein… ich hab eine neue Anhaftung erzeugt: nur 20 Durchgänge muss ich schaffen! Die Übung lässt sich wohl nicht überlisten – sie muss geübt werden, und das bedeutet unweigerlich Anstrengung – oder vielleicht genauer: über die Anstrengung hinweg zu kommen? Aber auch das ist wohl erstmal anstrengend…

 

Im Abendvortrag um 19:15 ging es um die Wurzel des Leidens: unsere Reaktion auf Empfindungen… Die Empfindungen werden erzeugt durch die Bewertungen dessen was die 6 Sinne erfassen – da setzt die GFK an… Vipassana setzt an der Reaktion auf diese Empfindungen an - mir scheint, das ist eine wertvolle Ergänzung – den Schmerz „genießen“ - auch den körperlichen! Es erinnert mich an meine Erfahrungen mit kaltem Wasser und mit Verbrennung: gleichmütiges annehmen der Empfindungen… Ich bin sehr gespannt!

 

21:30 Uhr am 5.Tag: ich bin sehr müde und meine Beinmuskeln schmerzen… schlafen…

 

Es ist 5:30 Uhr am 6. Tag. Ich bin erst um 5:10 Uhr aufgestanden und hab geduscht… Warum sollte ich es schaffen, um 4:00 Uhr aufzustehen? Weil ich mich gerne dem vorgegebenen Rhythmus anpassen würde; mich an die Struktur halten und mich von ihr tragen lassen möchte; dazugehören möchte… gleichzeitig bin ich mir nicht sicher, ob sie für mich gerade passt; hab den (vielleicht vom Schlafen-wollen verzerrten) Eindruck, ich bräuchte mehr Schlaf, müsste sanfter mit meinem Körper umgehen…

 

Gegensätzlich erscheinende Impulse: der erste möchte dazugehören und mit dem mitgehen, was ist… der zweite möchte Vertrauen können, dass meine Bedürfnisse (nicht zuletzt von mir!) geachtet werden und dass es für mich passt…

 

Gestern, am 30.01.2017 ist Isolde Teschner überraschend gestorben – im Schlaf – wohl bei unserem Aufweckgong… später erfahre ich, dass sie schon eine Woche zur Beobachtung im Krankenhaus lag und es keinen Hinweis gab, dass sie sterben werde…

 

Ich hab überlegt, ob ich etwas im Forum schreiben soll – aber mit welcher Motivation? Wenn‘s darum geht, gesehen zu werden und Anerkennung zu bekommen: „Ich habe sie im Dezember noch besucht und weiß etwas über sie!“, dann fühl ich mich nicht gut damit – und dieses Motiv ist wohl immer auch mit hineingemischt…

 

Isolde… ich erinnere mich, wie ich sie letztes Jahr einmal fragte, ob sie Angst vor dem Tod hätte: „Angst vor dem Tod nicht, aber vor Schmerzen!“ sagte sie… Sie trauerte sehr um ihre Tochter Adrienne, die vor drei Jahren an Krebs gestorben ist und ich fragte sie kürzlich, ob sie jemanden hätte, mit dem sie darüber reden kann – sie sagte: „das will doch keiner mehr hören!“…

 

Ich glaube Isolde hatte ein erfüllteres Leben als die meisten in unserer Gesellschaft – und doch: fehlte ihr nicht auch immer wieder Gemeinschaft? Vermisste sie nicht auch das „unter Freunden sein“? Sie hatte Hausgenossen und immer wieder auch Gäste wie mich und sie viele Kontakte und traf wohl immer wieder auch Freunde bei Vorträgen und sonstigen Veranstaltungen – und doch…

 

Wie möchte ich alt werden? Wie wäre es, im Alter ein „Dorf“ zu haben, in das ich eingebunden bin? Eine Gemeinschaft, in der ich einen Platz habe und beitragen kann und in der ich mich wohl fühle, in der ich mich wirklich „unter Freunden fühle“?…

 

Es ist 10:30 Uhr am 6. Tag. In der gemeinsamen Morgenmeditation von 8 - 9 Uhr ist es mir nicht gelungen, bis zum Schluss die Position zu halten, ohne in den Widerstand und damit ins Leiden zu fallen – ich hab bei etwa 50 Minuten abgebrochen… der Schmerz kann mich noch „zermürben“, d.h. es wird für mich anstrengend, den Fokus auf dem „über den Körper Spüren“ zu halten – das ist im Grunde Widerstand, und es fühlt sich auch danach an – im Grunde ist ja genau das das Anstrengende…

 

Was heißt es, dem Schmerz mit „ausgeglichenem Geist“ zu begegnen? Ich bekomme eine Ahnung und ich möchte damit experimentieren, schmerzhafte Empfindungen bewusst „willkommen zu heißen“; ihnen bewusst mit Freundlichkeit zu begegnen – aber das sind nur Worte, die schwierig sind ins Erleben zu bringen: ich möchte allem, auch Schmerz, wenn er auftaucht, freundlich begegnen – ist das eine Falle? Vielleicht eine Frage für den Meditationslehrer…

 

Ich gehe raus – es schneit – ich genieße es sehr, meinen Körper zu bewegen - und ich genieße den Schnee in der verschneiten Landschaft… Frieden…

 

Nach der Morgenmeditation wie immer eine kurze Pause und wieder zusammenkommen – Goenka redet dann wieder mit seinem indischen akzent und seiner knarrenden Stimme etwas über das Vorgehen: „wit-h a kaaam mind from t-he top of t-he heed to t-he tip of t-he touus – from t-he tip of t-he touus to t-he top of t-he heed…“ Er gibt den „old students“ Tipps… dann stellt der Meditationslehrer es alle außer den „old students“ frei, zu bleiben oder auf dem Zimmer zu arbeiten…

 

Ich bleibe noch ein paar Minuten und gehe dann… Ich laufe durch das kleine Waldstück und eine große Runde über die Lichtung… ich spüre meinen Körper mehr als sonst… ich spüre wie meine Hosen über meine Beine streichen… ich spüre den Schmerz in meinen Oberschenkeln… den Schmerz in meiner Hüfte… eine Anspannung im Solarplexus… alles ist ok, wo wie es ist und ich bin damit verbunden… ein angenehmes „Körpererleben“, wenn ich es objektivistisch beschreiben soll – aber wie beschreibe ich mein Erleben? Vielleicht so: wenn ich gehe, spüre ich einen harmonischen Fluss der Bewegung – ich spüre alles von Schmerz bis Anspannung bis streicheln – und es ist alles willkommen…

 

Es ist 10:45 Uhr und gleich gibt es Mittagessen…

 

Eben war die gemeinsame Nachmittagsmeditation – es ist 16:00… Diesmal konnte ich die eine Stunde ohne Positionswechsel sitzen – es war anstrengend und es war OK – irgendwie verhärtet mein ganzer Körper beim Sitzen ganz langsam (ich merke es vor allem an den Fingern) und es wird anstrengend, meinen Fokus zuhalten, d.h. mit meiner Aufmerksamkeit über den Körper zu spüren, „from t-he top of yuur heed to t-he tip of yuur touus – from t-he tip of yuur touus to t-he top of yuur heed…“… schließlich musste ich ein Limit setzen, um mich für‘s dranbleiben zu motivieren: als ich gerade bei den linken Zehenspitzen war sagte ich mir: „noch 2 Durchgänge, dann ändere ich die Position…“ als ich das zweite Mal wieder beim höchsten Punkt des Kopfes anfing, fing Goenka an zu singen – und als ich wieder zurück am höchsten Punkt war, war die Meditation vorbei… Und natürlich konnte ich jetzt auch noch bis zu den Anweisungen des Meditationslehrers sitzen bleiben: „take a short brake and then come back to the hall“ sagte er…

 

Ich ging zur Lichtung und lockerte meine Muskeln… es geht recht gut, ich denke es ist gut, dass ich es vermeide, während der Einzelmeditation zu meditieren… manchmal meditiere ich zwar im Liegen und ich denke, ich sollte das regelmäßig tun während der Zeit hier, aber es ist nicht leicht, nicht wegzudämmern…

 

Als wir wieder in der Halle waren, meditierten wir noch eine Weile, während Goenka noch Hinweise gab… dann stellte der Meditationslehrer es allen, bis auf den „old female students“, frei, zu gehen und auf ihren Zimmern weiter zu arbeiten…

 

Meinen Knien und Oberschenkeln, sowie meinem unteren Rücken (bisher die schmerzhaften Stellen) geht es recht gut, auch wenn ich dort immer wieder leichte Schmerzen spüre…

 

Jetzt ist es 16:25 Uhr und ich werde noch 30 Minuten im Liegen meditieren…

 

Es ist 21:20 Uhr und ich bin erschöpft… meine Beine und Knie sind müde…

 

Heute Nachmittag beim liegend meditieren bin ich doch weggedöst – es ist schwerer, den Körper spürend zu überwandern, als im Sitzen – und noch schwerer ist es, sich nicht von Gedanken mitnehmen zu lassen…

 

Bei der Abendmeditation um 18:00 Uhr musste ich schon früh – wohl nach der Hälfte die Position wechseln – und fast am Schluss auch nochmal – Erschöpfung und Muskelkater und Knieschmerzen kamen zusammen…

 

Der Vortrag um 19:15 Uhr war wie immer unterhaltsam, aber nicht so interessant für mich… für mich war es schwer die ganze Stunde zu sitzen – obwohl ich immer wieder die Position gewechselt hab – oder vielleicht gerade deswegen?…

 

Danach Pause und um 20:30 noch eine halbe Stunde meditieren – diesmal sollten wir versuchen, mehrere Bereiche gleichzeitig spürend zu überstreichen – ich habe den Kopf ganz abgetastet und bin dann runter zu Hals und Nacken und über Brust und Rücken weiter nach unten gegangen – dann beide Arme gleichzeitig bis zu den Fingerspitzen und schließlich beide Füße gleichzeitig bis zu den Zehenspitzen… Bauch und Rücken gleichzeitig war schwierig – und beide Beine noch schwieriger… mit dem Kopf und auch mit den Armen ging es recht gut…

 

Jetzt ist es 21:30 Uhr… ausruhen und erholen…

 

Es ist 10:00 Uhr am 7. Tag – eben wurden die „new male studens“, nach dem kurzen Vortrag von Goenka befragt – also auch ich… Goenka hält immer nach der Morgenmeditation einen kurzen Vortrag, in dem er auf verschiedene Probleme hinweist, die auftauchen können – heute ging es vor allem um‘s Vergleichen: zum einen macht es keinen Sinn, weil es nicht zwei Menschen mit derselben Menge und derselben Qualität an „Sankhas“ gibt (ich verstehe es als: mit derselben Menge und Qualität an prägenden Erfahrungen) – und deshalb jeder woanders ist und andere Erfahrungen machen muss… zum anderen macht es keinen Sinn, weil wir damit automatisch ins Bewerten fallen und damit wieder unsere eigenen Erfahrungen bewerten – und wieder neue Anhaftungen und Abneigungen produzieren – und damit neues Leiden… selbst eigene vergangene Erfahrungen mit aktuellen Erfahrungen vergleichen ist deshalb eine Quelle für neues Leiden…

 

Heute bin ich um 4:30 Uhr aufgestanden, hab geduscht und einen Spaziergang durch den dunklen verschneiten Wald gemacht… dann hab ich nach meinen Mails gesehen und eine von meiner Cousine gefunden – ich hatte sie gefragt, ob sie Lust auf meinen Besuch nächsten Sonntag hätte: Sie schreibt, sie sei irritiert und möchte nicht dass ich komme… Mein erster Gedanke wie üblich, wenn ich etwas als „Ablehnung“ interpretiere: „was hab ich falsch gemacht?“… bin jedenfalls neugierig, was gerade bei ihr los ist… schade jedenfalls, ich wäre gerne wieder mit ihr und den anderen dort in Kontakt gekommen… ich werde ihr wohl morgen früh antworten…

 

Die Antwort war jedenfalls eine Herausforderung für mich und ich hab bis zum Frühstück geruht – kaum geschlafen… beim Frühstück hab ich heute weniger gegessen als sonst – und wohl immer noch etwas zu viel… ich saß heute auf einem Stuhl, der mich wie eine Schale gehalten hat – ein überraschendes und angenehmes Gefühl nach Geborgensein… nach dem Frühstück noch eine halbe Stunde geschlafen…

 

Um 8:00 Uhr die Morgenmeditation… Heute hab ich die Position vielleicht 45 Minuten halten können – mein linker Fuß hat ziemlich lange geschlafen und er hat‘s mit nicht übel genommen, ist wieder aufgewacht ohne große Schmerzen… ich möchte keinen Wettkampf um die Dauer beginnen, wie lange ich die Position halten kann – das wäre eine neue Anhaftung, die Leid erzeugt – es geht schließlich ausschließlich darum, die Technik immer wieder zu üben – und damit verbessert sich automatisch die Übung und damit das „Sein-können“ mit dem Unangenehmen; das „Willkommen-heißen-können“ jeglicher Erfahrung – und damit vergrößert sich die Freiheit von dem Automatismus meiner Reaktivität – und damit von meinem selbsterzeugten Leiden…

 

Ich bin davon überzeugt, dass die GFK hier zusätzlich wichtige Unterstützung ist – insbesondere im Zwischenmenschlichen, aber auch bei der „Schattenarbeit“ – Vipassana kann sicherlich einige „Sankhas“ (= Traumata) auflösen, aber ich glaube es braucht noch eine Unterstützung wie Roberts GFK-Transformationspraxis – zumindest erleichtert sie die Sache…

 

Beim Wandern der Aufmerksamkeit über den Körper scheint es keine Lösung zu sein, den unangenehmen Empfindungen mit Freundlichkeit oder einem Lächeln zu begegnen… Ich versuche ja immer noch eine Alternative zu dem was Goenka sagt, zu finden: eine Alternative zu „equinimity“, Gleichmut – weil ich da die Gefahr sehe gegenüber den unangenehmen Empfindungen „hart“ zu werden – aber vielleicht ist diese Befürchtung unberechtigt, weil das „Verhärten“ eher dazu führt, dass wir die entsprechenden Empfindungen ignorieren – und davor schützt die Technik eigentlich… ich möchte trotzdem damit experimentieren, den unangenehmen Empfindungen mit „Neugier“ zu begegnen – das kenne ich ja schon aus der GFK als Indiz für die empathische Haltung und ich bin gespannt, wie es hier wirkt…

 

Jetzt ist es 10:40 Uhr und ich ruhe meine Beine noch ein wenig aus…

 

Der 8. Tag hat begonnen – es ist 6:00 Uhr

Ich bin spät aufgestanden – hätte leicht um 4:00 Uhr aufstehen können – bin es aber nicht, sondern hab mich stattdessen bis 5:30 von einem Alarm zum anderen gehangelt – scheint mir wenig sinnvoll… nach dem Duschen bin ich dann noch eine Runde im dunklen, verschneiten Wald gewandert…

 

Gestern in der Nachmittagsmeditation ging es schon recht gut mit dem Spüren aller Körperteile „from t-he heed to t-he fiitt and from t-he fiitt to t-he heed“: einmal so viel wie möglich vom Kopf zu den Füßen und dann wieder zum Kopf und dann wieder jedes einzelne Körperteil von oben nach unten und wieder nach oben: den Schädel – das Gesicht – vom Kehlkopf aus die Vorderseite – vom Nacken aus die Rückseite – den rechten Arm von der Schulter aus – den linken Arm – das rechte bein von der Hüfte aus – das linke Bein – und dann wieder rückwärts nach oben… Ich musste meine Position einmal verändern – und auch in der Abendmeditation musste ich das…

 

Am Ende des Tages war ich diesmal nicht so erschöpft wie die anderen Tage… Jetzt ist es 6:10 Uhr und ich möchte noch meiner Cousine schreiben…

 

Es ist 10:00 Uhr am 8.Tag… die Morgenmeditation war OK – ich komme gut mit einer Positionsänderung durch und bin am Schluß noch gut im Gleichmut verankert – sehr angenehm… Ich habe im Moment nicht den Ehrgeiz, es ohne Positionsänderung „zu schaffen“ – es ist wie es im Moment ist und es wird nicht so bleiben - „Annitsha… Annitsha… “, alles verändert sich, alles kommt und geht…

 

Naja, wenn ich mir vorstellen würde, es würde wieder so anstrengend und schmerzhaft wie am Anfang, dann hätte mein Gleichmut wohl auch sein Ende (ist doch immer weiter ausbaufähig! ;-)

 

Ich merke wie ich mit dem „fließen über den Körper“ mit meiner Aufmerksamkeit nicht nur in den Beinen Schwierigkeiten habe, wenn dort die Anspannungen stark sind und Schmerzen da sind, sondern auch in meinem Rücken: besonders der obere Rücken, etwa vom Nabelchakra aufwärts, ist für mich im Moment schwer zu spüren. Dort ist es noch ziemlich taub… Vielleicht genieße ich es deshalb so dort berührt zu werden?… Jedenfalls gehe ich inzwischen beim Rücken ebenso vor wie bei den verhärteten, schmerzhaften Bereichen: langsam und detailliert hinein spüren…

 

Bei den Armen geht es mit dem „Fließen“ bisher immer am leichtesten: es ist wie eine leichte Welle der Vibration, die spürbar wird, wenn ich mit der Aufmerksamkeit darüber „fließe“, fast wie ein leises Streicheln…

 

Mit dem Schmerz ist es interessant: mir wurde bewusst, dass es eine Intensität gibt, die meine Aufmerksamkeit wie „zurückschrecken“ lässt – dann wird es schwierig – es braucht dann etwas Überwindung, beim Schmerz zu bleiben und ihn detailliert im Körper zu spüren… aber auch dann ist es so: wenn ich den Schmerz detailliert im Körper spüre, beruhigt sich dort etwas… der Schmerz wird erträglich und verschwindet oft sogar ganz… ich erinnere mich an meine Erfahrungen mit Verbrennungen: wenn ich lauwarmes Wasser drüber laufen ließ, war das erst einmal schmerzhafter, aber es wurde schnell erträglicher – ich vermute weil mir das half, meine Aufmerksamkeit im Schmerz zu halten…

 

Das macht mich neugierig: brauche ich denn überhaupt warmes Wasser? Würde die Aufmerksamkeit alleine nicht reichen, wenn ich sie dort halten könnte? Wäre der heilsame Effekt (keine Blasenbildung) auch dann gegeben, wenn ich meine Aufmerksamkeit für 10 Minuten auf der schmerzenden Stelle halten könnte – und zwar halten mit Gleichmut?

 

Dieses „den Körper gleichmütig und bis ins subtilste Detail zu spüren“, scheint auch viel Heilungspotential zu haben!? Schließlich ist Goenka selbst auf der Suche nach Befreiung von seinen Migräneanfällen zu Vipassana gekommen! Ich bin sehr gespannt!

 

Ich hab gelesen, dass es eine Vipassana-Richtung gibt, die die Empfindungen benennt, d.h. wohl man ordnet sie beim spüren verschiedenen „Typen“ zu? Könnte hilfreich sein, den Geist sinnvoll zu beschäftigen!… Das MBSR von Jon Kapzin ist eine Variation des Vipassana, die das Fließen mit dem Benennen verbindet (und zusätzlich wohl auch Erkenntnisse aus der Psychologie nutzt) – eigenartig es als „Entspannungspraxis“ zu bezeichnen – das ist doch nur die geringste der Wirkungen!… wie viele Psychologen das MBSR wohl selbst erfahren lernen? Ich vermute, die nehmen sich dafür keine Zeit…

 

Nach der Meditation Pause und dann noch der Kurzvortag von Goenka zu Auffrischung und um auf Probleme hinzuweisen… danach wurden wieder die „new students“ einzeln befragt: „Do you manage the free flow?“; „How about equinimity?“…

 

Jetzt ist es 10:30 Uhr und ich werde gleich bis zum Mittagessen meine Beine und meinen Rücken noch etwas ausruhen…

 

Es ist 12:20 Uhr und ich hatte gerade ein Interview mit dem Meditationslehrer – er wollte mir nicht sagen wie lange er selbst schon meditiert – solche Fragen sind hier wohl nicht üblich… auf meine Frage der Vergleichbarkeit meiner Erfahrungen mit dem Umgang mit Verbrennungen und der gleichmütigen, „objektiven“ Beobachtung von Schmerzen z.B. in den Beinen (für mich fühlt es sich sehr ähnlich an), meinte er, es sei etwas anderes – und auf meine Frage nach dem Heilungspotential sprach nur von den „Sankhas“ die aufgelöst würden und das sei das heilende… ich vermute er hat in dieser Hinsicht keine eigene Erfahrungen…

 

Es ist 16:30 Uhr und ich habe gerade eine Mail an den Untermieter von Isolde geschickt – auch um zu erfahren, ob ich noch dort wohnen kann… delikate Angelegenheit – ich hoffe ich hab den richtigen Ton getroffen…

 

In der Nachmittagsmeditation hatte ich wieder einmal die Position verändert – recht kurz vor Schluss… es wird bequemer mit der Übung…

 

Danach einen kleinen Spaziergang zur Auflockerung und ich hab versucht, den „free flow“, das „Durch-spüren“ des Körpers von oben nach unten und von unten nach oben während des Gehens zu üben – es ging überraschend gut! Es fühlt sich angenehm an – man könnte wirklich auch daran anhaften – und Goenka warnt immer wieder genau davor! :-)

 

Goenka hat einmal auch über „working meditation“ und „walking meditation“ gesprochen und es als wertvoll eingeschätzt, aber nur, wenn es mit dem Körper-spüren zusammenkommt – ohne Körpererleben sieht er keinen großen Wert…

 

Gleich gibt's „Abendtrunk“ (zu Essen gibt es ja höchstens Obst und die alten Schüler sollen auch das nach 12 Uhr nicht mehr zu sich nehmen ;-)

 

Es ist 21:21 Uhr am 8. Tag und ich komme gerade von einem kleinen Nachtspaziergang durch den verschneiten Wald…

 

Die Abendmeditation ging besser denn je – ich bin immer zweimal von oben nach unten und wieder nach oben mit meiner Aufmerksamkeit über den Körper geflossen („fließen“ beschreibt am besten die leibhaftige Erfahrung) – und dann zweimal die Bereiche einzeln: von der Spitze des Kopfes über die Schädeldecke – von der Stirn über das Gesicht – vom Kehlkopf über den vorderen Rumpf bis zum Wurzelchakra – vom Nacken über den Rücken bis zum Gesäß – von der rechten Schulter nach unten bis zu den Fingerspitzen – von der linken Schulter nach unten bis zu den Fingerspitzen – von der rechten Hüfte den Oberschenkel nach unten über das Knie bis zum rechten Fuß und in die Fußspitzen – von der linken Hüfte den Oberschenkel nach unten über das Knie bis zum linken Fuß und in die Fußspitzen – und das ganze wieder rückwärts… zweimal den gesamten Körper und zweimal die einzelnen Bereiche, und wieder von vorne…

 

Diesmal konnte ich sogar zum ersten Mal das Fließen in meinen Oberschenkeln spüren, während diese schon sehr angespannt waren und geschmerzt hatten! Ich habe fast bis zum Schluss meine Position halten können – und das obwohl die Oberschenkel und die Hüfte schon recht früh geschmerzt hatten! Meine Schmerztoleranz scheint zu steigen – und die Meditation war diesmal auch merklich weniger anstrengend! Beides gehört ja auch zusammen: der Schmerz führt unmerklich zu Anspannungen und die machen es anstrengend…

 

Der Abendvortrag war ein WOW und ich kann nicht mal genau sagen warum… Vor allem hab ich wirklich gespürt, dass Vipassana ein Schatz für die GFK ist, den ich nutzen möchte! Auch umgekehrt scheint es mir zu stimmen: die GFK ist ein Schatz für das Vipassana, der die Gemeinschaft erheblich unterstützen dürfte! Und ich gehe davon aus, dass es viele gibt, die das schon erkannt haben – ich muss sie nur finden! ;-)

 

Ein neuer Slogan ist mir eingefallen: „Ist das Unangenehme wirklich die Wurzel unseres Leidens? Nein, es ist unser Umgang mit dem Unangenehmen – im Grunde unser Umgang mit unangenehmen Empfindungen!“

 

Isoldes Beerdigung wird am 8. Februar um 12 Uhr sein – ich kann also hingehen :-) Weiß noch nicht wo ich bis dahin und auch dann bis zum Sonntag übernachten kann… Ich hab aber Vertrauen, dass sich was finden wird…

 

Jetzt ist es 21:42 – ich geh schlafen…

 

Es ist der 9. Tag, 10:15 Uhr – ich bin gerade von einem kleinen Spaziergang zurückgekommen…

 

Heute morgen bin ich wieder erst spät aufgestanden (ca. 5:15 Uhr), hab geduscht und einen kleinen Spaziergang durch den Wald gemacht… hab mich dann noch 20 Minuten hingelegt und bin um 6:30 Uhr zum Frühstück… hab heute weniger gegessen, aber immer noch mehr als nötig…

 

Die Morgenmeditation war heute anders – ich konnte recht gut sitzen, d.h. die Schmerzen in Beinen und Hüfte kamen spät und waren erträglich – aber ich habe angefangen zu schütteln! Mein Körper schüttelte sich richtig und ich vermute das war auch von außen zu sehen! Es erinnerte mich an den Manager einer Raketenfabrik, über den Goenka gestern Abend erzählte… Es fühlte sich jedenfalls so an, als ob die Ursache relativ subtile Verspannungen sind…

 

In dem Kurzvortrag danach gab Goenka einen Ausblick darauf was kommt, wenn wir das „Überfließen des Körpers“ mit unserer Aufmerksamkeit schaffen und auf keine grobe oder feine Verhärtungen mehr stoßen: Dann sollen wir beginnen, bei dem spüren der einzelnen Körperteile nach dem ein bis zweimaligem „Überfließen des Körpers“, spürend ins innere des Körpers vorzudringen… dabei sollen wir uns kein Bild von den Organen machen, sondern nur spürend vorgehen… Wenn wir schließlich auch da auf keine Verhärtungen, taube Stellen o.ä. mehr stoßen, sollen wir uns zwischen dem „Überfließen des Körpers“ der Wirbelsäule zuwenden… Und wenn sich auch dort alle Verhärtungen, taube Stellen o.ä. aufgelöst haben, sind wir im Zustand des Bakāyana (o. so ähnlich)…

 

Der Zustand der Verhärtungen und der tauben Stellen birgt die Gefahr wieder Widerstand zu entwickeln – und der Zustand des „Fließens“ birgt die Gefahr wieder Anhaftung zu entwickeln… Wir sollen nicht enttäuscht sein, wenn wieder Verhärtungen auftauchen, sonst säen wir neue Samen des Leidens…

 

Gleich ist Mittagessen und ich ruhe meine Beine und Knie noch ein wenig aus – sie sind übrigens spürbar weniger müde, als noch vor ein paar Tagen! Und ich bin auch insgesamt am Ende des Tages weniger erschöpft… Nach dem Mittagessen hab ich ein Interview gewünscht…

 

Es ist 13:00 Uhr – ich komm gerade vom „Interview“: „wie geht der Fluss der Aufmerksamkeit tatsächlich: den Extremitäten entlang oder nach der Schwerkraft, wie das Bild vom „bucket of water“, das Goenka verwendet, impliziert?“ – den Extremitäten nach, hab ich verstanden… Ich fühle mich in meiner derzeitigen Praxis (2x den ganzen Körper von oben nach unten und 2x nach dem vorgestellten System (mit einer Abwandlung der Reihenfolge) die einzelnen Körperteile von oben nach unten…

 

Vorher ist mir ein Bild eingefallen, das die Wichtigkeit einer Übung wie Vipassana verdeutlichen könnte: Stell Dir vor Du bist ein Elter (Vater/Mutter) und Du hast ein kleines Kind, das gerade im Sandkasten spielt – plötzlich wird Dein Kind von einem anderen mit der Schaufel auf den Kopf gehauen – wie reagierst Du? Welchen Impuls hast Du?

 

Nachdem keine Gefahr mehr im Verzuge ist (!), gibt es je nach Interpretation der Situation zwei grundsätzliche Impulse: 1) Du hast den Impuls, das andere Kind anzuschreien, zu schütteln oder gar zu schlagen… 2) Du hast den Impuls, mit Deinem eigenen Kind zu schimpfen…

 

Wenn wir es nicht ertragen können, unser eigenes Kind im Schmerz zu sehen, werden wir wohl immer den Impuls zu einem der beiden Reaktionen in uns haben (auch wenn wir in nicht ausführen, sondern es schaffen, uns unseren Werten entsprechend zu verhalten). Nur wenn wir mit dem Schmerz unseres Kindes sein können, ohne in Aufregung zu geraten – mit Vipassana gesprochen: wenn wir mit dem Schmerz gleichmütig sein können – mit der GFK gesprochen: wenn wir mit ihm mitfühlend sein können, verschwindet dieser Impuls wohl erst…

 

Wenn man dieses Bild auf unser inneres Erleben überträgt, wäre das ähnlich: wenn da irgendwo in unserem Körper ein Schmerz oder irgendwas Unangenehmes auftaucht, hilft es nicht, gegen die Umstände zu kämpfen (das wäre wie, gegen das „andere Kind“ zu kämpfen) – und es hilft auch nicht, gegen den Schmerz oder das Unangenehme zu kämpfen (das wäre wie, das andere Kind zu beschimpfen) – es hilft im Moment nur, für den Schmerz da zu sein – nach Vipassana: gleichmütig… damit schaffen wir Vertrauen bei dem Schmerz, dass er sein darf und „gesehen“, d.h. gespürt wird…

 

Naja, bin gespannt ob dieses Bild Menschen so anspricht, wie ich mir das vorstelle ;-)…

 

Es ist 16:30 und ich komme eben von dem üblichen kleinen Spaziergang… In der Nachmittagsmeditation heute ist mir aufgefallen, was für ein Projekt Vipassana tatsächlich ist! Zum einen ist mir aufgefallen, dass ich bereits Anhaftungen an das „freie Fließen“ über den Körper entwickelt habe!!! Und zum anderen ist mir aufgefallen, an wie vielen Stellen ich noch „blind“ bin, d.h. wie viele Stellen und Bereiche ich noch nicht oder nur sehr schlecht spüren kann! Es geht darum das gleichmütig anzunehmen und einfach die „Werkzeuge“ anzuwenden: „Fließen“, wenn es möglich ist, auf den Verhärtungen oder blinden Stellen für eine Minute mit der Aufmerksamkeit ruhen, für ein paar Minuten zum Fokus unter der Nase zurückkehren, wenn die Gedanken mich weggetragen haben – und alles gleichmütig annehmen wie es ist… Am Gleichmut misst sich der Fortschritt…

 

Die Meditation lief sonst recht gut – obwohl ich von Anfang an einen Schmerz am rechten Fußrücken hatte (konnte keine bequemere Position finden), hatte ich bis etwa 3 Minuten bevor Goenka zu singen anfing, durchgehalten… auch daran soll ich nicht anhaften… ich möchte vertrauen, dass der Schmerz nachlässt, oder für mich erträglicher wird… und damit verliere ich im Grunde schon wieder den Gleichmut! Den Schmerz genauso annehmen wie das Angenehme, darum geht‘s ja – ok, und gleichzeitig möchte ich doch auch auf meinen Körper achten!? ;-)

 

Jetzt Ruhe ich erstmal noch bis zum „Abendtrunk“…

 

Es ist 5:20 am 10. und letzten ganzen Tag – ich bin um 4:45 Uhr aufgestanden und gerade von „meinem“ Morgenspaziergang zurückgekommen…

 

Beim Spaziergang ist mir folgendes aufgefallen: Manchmal berührt mich der Wald sehr – und ich suche irgendwie nach diesem Berührt-werden – und wo suche ich? Im Außen! Ich suche nach irgendwas im Außen, das mich berührt – und manchmal klappt es – aber ist es denn das „da draußen“, was mich berührt? Die Übung des Körper-spürens gibt mir die Ahnung, dass ich am falschen Ort suche! Ich sollte in mir suchen – und da kann ich wohl immer berührt sein!? Aber es ist doch auch was da draußen! Ja, ist es wohl, aber das Berührt-werden geschieht in mir und vielleicht sogar durch mich selbst!? Gedanken… Jedenfalls geht es vor allem um‘s Körperliche Erleben – oder besser wie Herman Schmitz sagt: ums leibhaftige Erleben…

 

Gestern habe ich nicht‘s mehr gegessen nach 12 Uhr und ich vermisse nichts – ein wenig überraschend für mich… und auch überraschend, dass es mich überrascht...

 

Die Abendmeditation war deshalb besonders anstrengend, weil mir das Körper-spüren wieder schwerer viel. Wenn ich die Aufmerksamkeit von oben nach unten durch meinen Körper fließen lasse, jeden Körperteil mit einschließend, dann fühlt sich das an wie eine Welle des Berührt-werdens… am Kopf „funktioniert“ es bisher am Besten – vom Hals zur Brust ist es oft schwierig zu spüren… es ist interessant wie diese Welle gleichzeitig durch meine Hüften und meine Hände fließt, obwohl die in der Meditation recht weit voneinander weg liegen… Nach oben ist es im Rumpf schwierig – es ist wie eine Anstrengung, die Geduld zu haben, mit der Aufmerksamkeit auf der Ebene einschließlich der Arme zu bleiben – irgendwann wandert die Welle dann nach oben und ist zu spüren… Wenn ich aufwärts über den Kopf wandere, fühlt es sich oft so an als ob ein Strumpf nach oben aufgerollt wird – irgendwie muss ich mich auch etwas anstrengen dabei… Ich glaube, die Anstrengung ist ein Zeichen dafür, dass ich in die Anhaftung falle (warum wäre es sonst auch anstrengend?)…

 

In dem Vortrag nach der Abendmeditation ging es auch um die Tradition des Dana, der Spenden: ein Grund warum kein Geld – auch nicht für Unterkunft und Essen – verlangt werden soll ist, dass die Teilnehmer sich wie Mönche und Nonnen fühlen sollen, sie sollen alles als Gabe sehen und nicht als „gerechter Austausch“ für ihr Geld – das hilft die Illusion des „Ich“ und des „Mein“ zu schwächen und man kommt nicht so leicht auf die Idee, Dinge (z.B. Essen) zu fordern – beides fördert die Praxis… auch soll der Gedanke, „andere haben mir dies durch ihre Spenden ermöglicht“, die Ernsthaftigkeit fördern… ich finde das interessant und möchte es für meine Telefongruppen übernehmen: wer kostenlos teilnehmen möchte, muss sich verpflichten, eine bestimmte Zeit zu investieren…

 

Der Vortrag war für mich diesmal „nicht so interessant“ – ich vermute zum Teil auch deshalb, weil mir das Thema Geld etwas unangenehm ist… bei den Vorträgen (sie gehen ja immer ungeführ eine Stunde) war es meist etwas schwieriger mit dem Sitzen, obwohl wir unsere Position wechseln können – gestern war es wieder besonders unangenehm und mir ist aufgefallen, dass es deshalb besonders schwer wurde, weil ich den unangenehmen Gefühlen in den Beinen ausweichen wollte, weil ich sie weghaben wollte – als ich dann wie bei der Meditation hingespürt habe und nicht sofort die Position gewechselt habe, wurde es erheblich leichter – aber es erfordert Aufmerksamkeit und diese Aufmerksamkeit ist so etwas wie eine anstrengungslose Anstrengung, die ich nicht immer aufbringen kann… eine anstrengungslose Anstrenung – das trifft es wohl ganz gut! Wenn meine Aufmerksamkeit wach ist, ist es keine Anstrengung, aber sie aufzuwecken und hier auf meine Beine und Hüften zu richten und dort zu halten – oder jetzt, da ich hier schreibe, meine Aufmerksamkeit auf meine Gesäß (das schmerzt gerade – ich sitze auf einem Meditationskissen vor dem Bett – allerdings eben leider nicht im Schneidersitz…) zu richten, das erfordert etwas wie Anstrengung…

 

Nach dem Vortrag noch eine halbe Stunde meditieren – das war wieder besonders anstrengend für mich und ich war auch am Ende sehr erschöpft…

 

Jetzt ist es 6:05 Uhr am letzten Tag und ich werde mich noch ein wenig hinlegen und versuchen bis zum Frühstück im Liegen zu meditieren…

 

Es ist 10:07 – die letzte gemeinsame Morgenmeditation lief gut – ich habe den Körper nur Stück für Stück und nicht als Ganzes „überspürt“ und habe ich konnte gut dabei bleiben bis zum Schluss, ohne meine Position zu verändern… Diesmal war ich achtsamer als bisher mit Verspannungen, die sich einstellen – und ich habe festgestellt, dass es auch eine gute Hilfe ist, Bereiche, die gerade verhärtet sind ein paar Mal vor und zurück zu „überspüren“…

 

Nach der Meditation war Pause und danach die Einweisung in die „Meta-Meditation“, in die Meditation der liebenden Güte: „Mögen alle Wesen glücklich sein! Mögen alle Wesen wirklichen Frieden erfahren! Mögen alle Wesen befreit werden!“… Ein paar Minuten am Ende einer jeden Meditation, sollen wir, während wir (und an den Stellen wo wir“ das „Überfließen“ unseres Körpers mit Aufmerksamkeit spüren, uns mit diesem Wunsch verbinden (und unsere liebevolle Güte mit diesem Spüren in die Welt senden?)…

 

Das edle Schweigen ist nun beendet – wir können wieder Missverständnisse erzeugen! ;-D

 

Jetzt ist es 15:45… Das Mittagessen war anders – es wurde viel geredet… Davor gab es schon eine kleine Ausstellung über das was hier so läuft und über Möglichkeiten, wie man beitragen kann – ich sprach mit einer Helferin – auch darüber wie viele verschiedene Lehrer es denn gibt? Etwa 40 in Europa, es werden dringend mehr benötigt… Wie ist es so mit Konflikten hier? Immer wieder – derzeit wird darum gerungen ob ein fahrbarer Rasenmäher angeschafft werden soll oder nicht… Bin gespannt, ob ich mich hier mit Mediation einbringen kann!

 

Nach dem Mittagessen gab es noch eine Führung über das Gelände und der Führer (Zahlmeister) hat uns die bisherige und die geplante Entwicklung des Zentrums erzählt… Beeindruckend was hier seit dem Kauf des Geländes in 2000 und dem Beginn der Retreats in 2002 entstanden ist! Und was noch geplant ist: ein Haus für Langzeithelfer/innen, noch ein Haus mit Einzelzimmern (für die Frauen) – ein Haus mit Mehrbettzimmern für Frauen…

 

Die Nachmittagsmeditation um 14:30 Uhr fand statt – und es lief gut, ich hab gut ohne Positionsänderung bis zum Schluss sein können… anfangs hab ich mich nur auf den Bereich unter meiner Nase konzentriert – und ich hab damit experimentiert, auf diesem Bereich mit meiner Aufmerksamkeit herumzuwandern: es hat geklappt und ist ein sonderliches Gefühl! Dann bin ich wieder dazu übergegangen, die Bereiche zu „überspüren“ und hab vielleicht nur zweimal den ganzen Körper von oben bis zu den Zehenspitzen und zurück überfließen lassen – es ist im Moment ein wenig anstrengend – besonders zurück nach oben, bei den Schultern und heute auch über den Kopf… anschließend (wir sollten uns vorher noch kurz entspannen) hat Goenka noch ein paar Minuten Meta- Meditation angeleitet: noch ziemlich unklar! Vermute, die weiblichen Vipassana- Lehrer haben da hilfreicheres entwickelt ;-)

 

Es ist 20:30 am letzten Abend…

 

Am Nachmittag gab es noch viele Informationen über Möglichkeiten, beizutragen – und viele Gespräche mit anderen…

 

Die Abendmeditation um 18:00 Uhr war von Anfang an nicht sehr bequem – und vielleicht zehn Minuten vor Goenka's Singen hab ich zwar meine Position nicht verändert, aber mich am äußeren Unterschenkel festhalten müssen – damit ging es aber trotz ziemlicher Schmerzen noch gut… Dir größte Herausforderung war bei dieser Mediation, dass es irgendwie sehr lang erschien, ohne dass die Not durch Schmerz, Anstrengung oder Anspannung wirklich groß geworden wäre… Langeweile? Jedenfalls bin ich ganz zufrieden damit, wie die Meditationen im Moment laufen: ich spüre alle Bereiche meines Körpers, wenn auch manche, wie den Rücken, die Brust und heute auch die Stirn nicht besonders gut – und auch wenn die Oberschenkel durchs Sitzen schnell verhärten kann ich schon weitgehend verhindern, dass zusätzliche Anspannungen und damit Schmerzen entstehen… Bin gespannt wie es damit weitergehen wird…

 

Morgen früh werde ich wohl wirklich um 4:00 Uhr aufstehen müssen, denn um 4:30 Uhr ist der Abschlussvortrag in Englisch… der in Deutsch beginnt um 5:00 Uhr…

 

Tag 11 - der letzte Morgen...
Als ich merke, dass wir um 5:30 Uhr zu demselben Vortrag auf deutsch wechseln sollen, streike ich – ich sehe nicht warum wir, die „Englisch-Hörer“ dann überhaupt eine halbe Stunde eher angefangen hatten und ich sehe auch nicht, wie ich dann noch Zeit haben soll, bis zum Frühstück zu packen und mein Zimmer sauber zu machen...

 

Mein Gesamteindruck dieses Retreats:
- Hervorragend ausgearbeitetes und strukturiertes und dadurch hocheffizientes Retreat

- Äußerst wertvoll für Menschen, die sich von der Zwangsläufigkeit der eigenen Impulse befreien wollen

- Das Wertvollste das ich seit der GFK-Transformationspraxis von Robert Gonzales für meine Persönlichkeitsentwicklung gefunden hab

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Kommentare: 3
  • #1

    Niko (Mittwoch, 27 September 2017 22:41)

    Bist du der meinung das du dich ganz auf den Retreat /die Vipassana einlassen konntest ,obwohl du ein Tagebuch geführt hast ,und deine Mails gecheckd hast?
    Grüss

  • #2

    Volkmar (Montag, 09 Oktober 2017 19:49)

    Lieber Niki - Nein, ich bin nicht der Meinung, dass ich mich ganz auf das Retreat einlassen konnte. Aber das was ich im Retreat erlebt habe, war trotzdem ein Geschenk für mich!
    Hätte das Geschenk größer sein können? ich weiß es nicht! ich weiß nur, dass ich mich 15 Jahre vorher einmal bei einem Zen-Retreat überfordert hatte - und dann das Meditieren 14 Jahre aufgegeben hatte.
    Wir leben in einer Welt, in der wir spätestens in der Schule daran gewöhnt werden, unsere Bedürfnisse zu missachten - und ich versuche das zu verlernen und wirklich auf mich zu hören. Dabei mach ich sicherlich auch Fehler - und ich hab den Entschluss daraus lernen zu wollen... Ohne Überforderung ;-)

  • #3

    Martha (Dienstag, 08 Oktober 2019 09:21)

    darf man fragen, wo das Center war. Überlege bei meinem diesjährigen Indienaufenthalt dortl einen Kurs zu machen, bin allerdings auch nicht dieJJüngste und möchte nicht in den Schlafsaal oder ins 4-Bett Zimmer. Und bei allen Entbehrungen Zucker im Tee muss auch nicht sein.